Samstag, 4. April 2015

Base Porn.



Auf unserer Hunderunde durchs Neandertal werden wir von einem Mammut, einem Wisent und drei Säbelzahnschweinen angegriffen. Die Hunde und ich kämpfen wie die Berserker. Schwer verwundet stürzen wir die Böschung hinunter. Wir brauchen Hilfe. Ich greife zum Handy. Es ist tot!

Wie konnte es dazu kommen? Also dass das Handy tot ist, meine ich. Das mit dem Mammut und dem Schweinezeugs ist nur ein geschickter dramaturgischer Kniff. Außerdem haben die Schweine im Neandertal heute keine Säbel mehr. Aber das Telefon ist tatsächlich verstorben. Es besteht ab sofort keine Chance mehr auf Rettung, wenn wir still und stumm in den Büschen liegen.



Was vorher geschah. Meine Hunde sind geistig nicht ausgelastet. Wenn ich nicht hinsehe, greifen sie zum iPhone und laden sich mit ihren groben Pfoten Porno-Abos herunter. Eins nach dem anderen. Bis der Sabber läuft! Luna schaut wahrscheinlich stündlich bei nackterüden24 vorbei, Wiki ist mit Leidenschaft auf heissundrollig.de unterwegs. Glaubt zumindest unser Mobilfunkanbieter. 

Anders ist es nicht zu erklären, dass BASE aus heiterem Himmel zusätzlich zu den anfallenden Augustgebühren satte 49,90 € abbucht – im Namen des Drittanbieters Netmobile AG, der wiederum für die Viert- und Fünftanbieter Überdentischzieh GmbH und Abzock & Partner das Inkasso übernommen hat. 

Ich buche die 50 Euro wieder zurück und tippe einen höflichen Brief. „Ihre Drittanbieter-Forderungen weise ich der Sache wie der Höhe nach zurück“, schreibe ich. „Leistungen, aus denen sich eine Zahlungsverpflichtung an Drittanbieter ergibt, habe ich nicht bestellt.“ Daraufhin antwortet BASE, ich müsse ab jetzt zur Strafe 54 Euro bezahlen und bucht weitere 50 für den Monat September ab.

Ich buche die 104 Euro wieder zurück und tippe einen höflichen Brief. „Ihre Drittanbieter-Forderungen weise ich der Sache wie der Höhe nach zurück“, schreibe ich. „Leistungen, aus denen sich eine Zahlungsverpflichtung an Drittanbieter ergibt, habe ich nicht bestellt.“ Daraufhin antwortet BASE, ich müsse ab jetzt zur Strafe 112 Euro bezahlen und bucht weitere 50 für den Monat Oktober ab.

Ich buche die 162 Euro wieder zurück und tippe einen höflichen Brief. „Ihre Drittanbieter-Forderungen ...“ So geht der Reigen über Monate stumpf und stoisch weiter, bis – – – mir das BASE Exklusiv Team am 17. Februar 2015 mitteilt, es tue ihnen leid, es handle sich um ein Versehen! Ich hätte Recht mit meinen Einwänden, schreiben sie, sie würden mit nächster Rechnung sämtliche angefallenen Netmobile-AG-Gebühren zurückerstatten, mein Rechnungskonto sei damit ausgeglichen, man wünsche mir noch eine schöne Woche.

Ein feiner Zug, denke ich noch, so geht Kundenservice. Am 14. März wird mein Handy stillgelegt. Am 19. März liegt eine Außerordentliche Kündigung im Briefkasten. Aufgrund erheblicher Zahlungsrückstände müsse man meinen Mobilfunkvertrag fristlos kündigen, ich bräuchte gar nicht erst anzurufen, die weitere Kommunikation übernehme ab sofort die GFKL Collections GmbH, mit freundlichen Grüßen.

GFKL lässt sich nicht lumpen. Sie collecten bereits drei Tage später. Unter Missachtung sämtlicher Grundrechenarten kommen sie zu dem Ergebnis, auf meinem „ausgeglichenen Rechnungskonto“ seien 329,39 € offen, hinzu kämen 507,98 € Schadensersatz, 61,56 € Inkassokosten und 10,80 € für einen mit 62 Cent frankierten Brief, zahlbar bis zum 1. April. Ich greife zum Briefpapier. 

„Ihre Drittanbieter-Forderungen weise ich der Sache wie der Höhe nach zurück“, schreibe ich. „Leistungen, aus denen sich … blablubli und bliblablu …“


Danke, Bro, mir geht es gut. Ich rauche mittlerweile dasselbe Zeug wie die Buchhaltung von BASE und GFKL. Während ich dies schreibe, schweift mein Blick in den Garten. Das Mammut schaukelt in der Hängematte und guckt Wisentpornos auf www.geilehörner.com. Wiki lungert im Feinripphemdchen mit einem Oettinger Pils in der umgekippten Schubkarre. Direkt unter dem UFO, im Stiefmütterchenbeet, hauen sich Luna und das Säbelzahnschwein freundschaftlich auf die Fresse. 

In der Abendstille läutet ein Telefon. 
Es ist nicht meins.


Update Samstag, 4. April 2015
Nachdem ein an Dyskalkulie laborierender BASE Buchhalter auf unserem „ausgeglichenen Rechnungskonto" achthundert Euro Miese gefunden hat und wir deswegen hochkant aus dem Mobilfunkvertrag geflogen sind, zündet das BASE Kundenverwirrungs-Team die nächste Stufe: 







Seither rätseln wir, mit welchem Dankeschön wir demnächst beglückt werden. Wahrscheinlich automatische Verdoppelung nicht vorhandener Schulden auf 1.600 € sowie Pfändung des Familienfahrzeugs im Rahmen einer Moskau Inkasso Besuchsmaßnahme unter Zuhilfenahme von Platin-Baseballschlägern.



Update Samstag, 2. Mai 2015
Ah! Jetzt! Ja! Das Dankeschön heißt nicht Moskau Inkasso, sondern Purpsvogel. Aber der Reihe nach. Ende März ließ ich Frau Schniedelpiedel von GFKL Collections (tatsächlicher Name ist der Red. bekannt) auf ihren Wunsch hin eine Kopie des Schreibens zukommen, indem BASE mir schriftlich bestätigt, dass mein Konto keine offenen Beträge mehr aufweist.

Das scheint sie so frustriert zu haben, dass sie den gesamten Vorgang an die Anwaltssozietät Purps Vogel Flinder (die heißen wirklich so) übergeben hat. Die haben flugs ihre Taschenrechner angeschmissen und meine nicht existierenden offenen Beiträge mit 782,44 € bewertet. 

Das sind immerhin hundertdreißig Euro weniger als Frau Schniedelpiedel von GFKL. Dafür nehmen sie für ihren heute eingetroffenen, mit 62 Cent frankierten Brief nicht 10,60, sondern 16,00 € Telekommunikationspauschale. Das sind halt Füchse, diese Anwälte.

Ich greife zum Briefpapier. „Ihre Forderungen weise ich der Sache wie der Höhe blablubli und bliblablu...“, schreibe ich und lege eine Kopie der BASE Bestätigung bei. Mein Blick schweift zum UFO hinüber. Es ist verschwunden. Stattdessen steht da eine Windmühle. Meine vier Mitkämpfer – Wiki, Luna, das Mammut und das Säbelzahnschwein – haben sich in die Flügel verbissen und fahren damit hoch und runter, hoch und runter, hoch und runter ...

Update Montag, 22. August 2016
„Seht ihr, Hunde!", spreche ich irgendwann im Sommer 2015 und wedle mit dem Maischreiben vor ihren Lakritznasen herum. „Anwälte haben halt doch mordsmäßig was in der Birne. Wenn man denen ein Dokument schickt, in dem BASE bestätigt, dass alles ein Versehen war und mein Konto ausgeglichen ist, dann denken die sofort, aha, das war also alles ein Versehen und das Konto ist ausgeglichen. Lasset uns die Akte schließen!“ 

Woraufhin sich ein Hund nach dem anderen schlafen legt und der gesamte Vorgang auch. Totenstille. 15 selige Monate lang. Dann besinnt sich die Anwaltssozietät Purps Vogel Flinder auf ihre Kernkompetenz Geldeinzug und denkt sich, was für ein Quatsch, man kann doch einen Inkasso-Vorgang nicht einfach beenden, nur weil der Auftraggeber sagt, dass alles bezahlt ist. 

Und so erhalten wir heute, am 22. August 2016 (sechzehn! SECHZEHN!) einen Brief, der in sämtlichen Formulierungen dem Purpsvogelflinderschreiben vom 5. Mai 2015 gleicht. Nur dass wir jetzt nicht mehr 782,44 € schuldig sind, sondern 965,27 € und sich die Portokosten für diesen Brief nicht mehr auf 16,00 € belaufen, sondern auf 32,00 €. Vermutlich, weil zwei Blatt Papier im Umschlag stecken. Was wiederum ein exakt identisches Antwortschreiben meinerseits generiert: „Ihre Forderungen weise ich der Sache wie der Höhe nach blablubli und bliblablu...“ 

Als sich Wiki beim Frankieren (70-Euro-Marke) fürsorglich erkundigt, ob er ein bisschen in den Umschlag furzen soll, sage ich nicht nein.


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© Michael Frey Dodillet | Die Krawallmaustagebücher 2015

8 Kommentare:

  1. Astrein, der Brüller, wie man so schon brüllt. Ich sag jetzt mal zu mir "Pass auf, das werd ich jetzt voll krass auf G+ teilen." Ich weiß das kommt selten vor, und ich entschuldige mich daher schon mal mit stoischer Gelassenheit für meinen impulsiventlastenden Weiterverbreitungsdrang, aber ich kann ihn nicht zähmen. ;-)

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    1. Und weil alles, was ich teile so voll die Konsequenzen trägt, ist die werte Krawallmaus jetzt auch noch "nominiert" für so ein Awardchen für brillanten Lesestoff (ihres Herrchens).
      Nachzulesen dort: klick

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  2. Gäbe es die Seite "Kundendienst aus der Hölle", dann wäre dies ein gern geklickter Beitrag.

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  3. Warum hab ich jetzt ein Dejavu......Ach ja....GEZ.....scheint eine Tochter von Base zu sein, anders lässt sich auch da das grenzdebile Gehabe der dortigen Angestellten nicht erklären....

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  4. Ist das zum Schreien komisch! Also, für MICH jedenfalls....Wie kann man dabei noch so ruhig und sachlich bleiben in der Kommunikation?!? Herrlich, ich lese jeden einzelnen Post wirklich sehr gerne und liiiiiiebe deine Wortspiele!

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  5. Sehen Sie, so etwas passiert, wenn in den Personalabteilungen zu wenig auf die angeborene Rudelstellung geachtet wird! Ich weiss nicht, wie viele Klicker diesmal verschlissen werden, bis in der Firma wieder alles im Lot ist. (Gegen die Neuzusammenstellung des Rudels, würde die Gewerkschaft ja wohl ihren Protest einlegen.) Vielleicht wäre es hilfreich beim Hauptsitz von BASE mal im Bärengang auf zu marschieren? Falls ein Markerwort verlangt ist, wie wäre es mit Dööööööödel?

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  6. Meinen nächsten Werbeanruf seitens BASE kann ich mir so richtig plastisch vorstellen: "Nein, ein Tablet brauche ich immer noch nicht. Alternativ könnten Sie auch Ihr Kudddelmuddel mit Herrn Dodillet endlich bereinigen, inklusive einer deutlichen Entschuldigung bei dem von mir sehr geschätzten Autor. Können Sie einem langjährigen Bestandskunden wie mir *das* anbieten? Das wäre mir lieber als ein weiterer Möchtegern-Computer, der bei mir aufs Recycling wartet."

    Es wird schwer sein, der Versuchung zu widerstehen ... :)

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  7. könnte man doch glatt kichern wenn man es liest.. ist es aber nicht... BASE, TELEKOM, alles Verbrecher und ( piiiiep..) leider kein Einzelfall, hatten diesen auch schon... da hilft dann auch kein Wiki Pupsen mehr... ( haben es mit unserem Hundepups versucht.. hat nicht geklappt)

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