Die Reste der Party finden wir im Espace, hinten links neben dem Sechszylinder, in einem romantischen Nest aus dem Material der ehemaligen Dämmmatte.
Aktueller Zwischenstand: Marder – Mensch 15:0. Die Niederlage mit den Rabatten-Eiern sowie ein fruchtloser Versuch, Golden-Retriever-Haare in einschlägig bekannte Ritzen zu stopfen, wirft uns um ein volles Jahr zurück. Die Tüte voller ausgekämmter Hundehaare stammt von einer benachbarten Familie. In diesem Zusammenhang begegnet uns zum ersten Mal die „Hund vertreibt Marder“-Theorie.
Vielleicht wäre Terrier-Pelz besser gewesen. Retriever jedenfalls bringt nichts. Poch, poch, hops, hops – im Frühjahr 2002 haben wir wieder Junge.
Ein spontaner Anruf bei der Unteren Landschaftsbehörde lässt hoffen. Am Telefon die personifizierte Kompetenz, wahrscheinlich selber jahrelang Marder gewesen. Man empfehle, einen Hund anzuschaffen. (Da ist er wieder, der goldene Tipp.) Vorher aber seien alle Mardereingänge zu suchen, nein, nicht mit Ei, und zu verschließen, bis auf einen, den dürfe man erst dicht machen, wenn alle raus seien. Man müsse mit dieser Aktion allerdings warten, bis die Jungen groß seien, um Mitte Mai herum, vorher dürfe man die Alten nicht verjagen, sonst gehe der Nachwuchs ein. Das sei weniger empfehlenswert, totes Mardernest im Dach miefe extrem.
Mief. Auch so ein Wort. Das etymologische Wörterbuch des Deutschen behauptet, es stamme aus Berlin und sei eine jüngere Lautvariante des Begriffs Muff aus dem 17. Jahrhundert. Ich hingegen bin sicher, Mief wurde auf dem Land erfunden und ist ein Akronym für alles, was vier Beine hat und stinkt: Marder, Iltis, Eichhorn, Fuchs.
Wie dem auch sei, wir warten und warten und warten und schlafen derweil noch ein bisschen schlechter und warten und warten und dann, eines Nachts, stelle ich beim Zigarettenrauchen fest: Hurra, die Kleinen kommen zum Spielen raus! Sie quietschen in den Bäumen. Das sieht so niedlich aus, dass man sie am liebsten behalten möchte. Wir aber bleiben hart. Bereits am nächsten Morgen stehe ich auf der schwankenden Aluminiumleiter und vernagle alle Ritzen, die groß genug für Marderschädel sind. Acht Ein- und Ausstiege finde ich insgesamt. Die Krönung ist ein Entlüftungsziegel mitten auf dem Dach, dem die Herrschaf-ten das Kunststoffgitter weggebissen haben. Den lasse ich offen, stopfe aber einen mit Pro Natur Marder Stop getränkten Lappen hinein.
Die letzte Nacht mit unseren Mardern ist die lauteste. Wir hören, wie die Brut nacheinander alle Ausstiege abklappert und verschlossen vorfindet. Schließlich entdeckt die Mama den offenen Ziegel, reißt mit dem Maul den fiesen Anti-Marder-Lappen raus (ich finde ihn anderntags in der Dach-rinne) und hilft ihren Kleinen in die Freiheit. Am nächsten Morgen tausche ich den Ziegel aus. Damit ist auch das letzte Loch zu.
Sommer 2002. Es ist geschafft! Die Marder sind – wie wir Waidmänner zu sagen pflegen – erfolgreich vergrämt.
Frühling 2003. In den Zwischendecken verstirbt wieder die ein oder andere betagte Maus und riecht streng. Das ist nicht schön. Zu Steinmarderzeiten gab es das nie. Er hat sein Revier immer nagerfrei gehalten.
Frühling 2004. Wir haben einen Iltis im Dach. Im rororo Tierlexikon steht: Der erfahrene Landmann heißt den Iltis willkommen. Wo ein Iltis ist, sind keine Ratten. Das ist kein Wunder. Den Gestank hält keine Sau aus.
Herbst 2004. Ich beginne mich nach unserem Steinmarder zu sehnen. Die Zeit verklärt die Katastrophen, übrig bleiben die schönen Momente. Wir lebten drei Jahre in Eintracht und Frieden unter einem Dach, seufze ich. Er zerstörte unsere Autos nicht, schwärme ich, er platzierte nur ein faules Ei im Kangoo und vergaß im Espace sein Orgienzubehör. Gut, gebe ich zu, einmal legte er mich am Kreuz Duisburg-Kaiserberg mit angefressenen Wasserschläuchen lahm. Dafür konnte er aber nichts, ein Gegner war in sein Motorrevier eingedrungen, er musste deutlich markieren, dabei geht schon mal etwas zu Bruch, schwammdrübere ich.
Frühling 2005. Luna ist bei uns. Alles ist gut! Seit wir einen Hund haben, haben wir wieder Marder. Er schreckt sie nicht ab, versetzt sie nicht in Panik, lässt sie nicht Reissaus nehmen, nicht vor Entsetzen erstarren, nicht auf der Stelle tot umfallen. Im Gegenteil. Man hat sich prachtvoll arrangiert. Die Marder rabauken wieder fröhlich durchs Dach.
Der Unterschied zu früher ist nur:
Jetzt bellt noch ein Hund dazu.
© Michael Frey Dodillet | Die Krawallmaustagebücher 2009
4 Kommentare
AntwortenLöschenANDREAS
Puh! Hatte zu Anfang deines Beitrages schon die Befürchtung, die hättest diese kleinen Mistvi… ähm Zeitgenossen erfolgreich vertrieben – womöglich in unsere Richtung. Aber so is ja alles in bester Ordnung ;-))))
Montag, 30. März 2009 - 15:39
MENSCH
Ich kann dich beunruhigen. Der Dicke ist noch da, aber die Pänz sind weg. Als aufmerksamer Leser wird dir nicht entgangen sein, dass wir seit 2000 bis auf zwei Ausnahmen jährlich ein Nest mit Nachwuchs in die Freiheit entlassen. Bei 5 pro Wurf macht das 35 Stück. Wenn auch der ein oder andere unter die Räder oder an den Drehspieß kommen mag, bleiben noch genug um eine ordentliche Attacke zu reiten. Vor dem Auszug gibt's bei uns immer einen kleinen Workshop, da sage ich denen, dass sie sich zu euch trollen sollen.
Montag, 30. März 2009 - 23:14
MENSCH
Pöh, wer braucht schon einen Motorraum zum Feiern. Heute lag eine angekaute Ratte neben dem Fahrradschüppchen. Zweiräder tun's also auch.
Dienstag, 7. April 2009 - 23:36
MENSCH
Heute war unser VW Bus in der Werkstatt. Keine Leistung mehr, alle Warnlampen an. Diagnose: angefressener Turboschlauch, 524 Euro. Vielleicht sollte ich nicht so viel über den Marder schreiben, sondern ihn einfach umbringen.
Donnerstag, 23. April 2009 - 22:40
Ich habe damals meinem Vater loses Tigerfell aus dem Zoo mitgebracht (bitte nicht einfach in den käfig langen! die pfleger helfen bestimmt gern weiter). und in einer socke im motorraum platziert hats wirklich geholfen...obs auch im trauten marderheim auf dem dach funktioniert...? keine ahnung =)
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