Montag, 14. Dezember 2015

High Noon am Mauseloch.



Der Alukätzchenfighter. Letzter Teil: High Moon am Mauseloch.


Eigentlich bin ich ja nur neugierig, ob Wiki sein Mauseloch gegen einen duftenden, luftgetrockneten Rindfleischwürfel aus biologisch-dynamischem Anbau tauschen möchte. Nein, will er nicht! Stattdessen fällt er in seine wohlbekannte Starre und bedroht mich. Klar, er hat ja keinen Maulkorb auf. Da kann man wieder gepflegt die Sau rauslassen.

In meiner Not knalle ich ihm die Leckerchenbüchse vor die Füße. Bei dem Geschepper schreckt er hoch. Er sieht aus, als tauche er aus einer anderen Welt auf und erkenne mich jetzt erst. Leise brummelt er vor sich hin. Dieses Brummeln kenne ich. Das macht er auch beim Abtrocknen. Das ist sein Spielbrummern.

Danach zerren wir immer am Handtuch. Ich freue mich. Der Personal-Wake-up-Call hat ihn offensichtlich aus seiner Starre herausgerissen und empfänglich für meine Signale gemacht. Herzzerreißend albern säusele ich: „Wo sind die Moooiseeee!" 

Er brummelt leiser. Meine Hand fährt aus, um auch das letzte Spielbrummeln wegzustreicheln, das aber in Wirklichkeit gar kein Spielbrummeln ist! ZACK! RACK! WACK! Schon hängt er mir mit allen Zähnen im Arm! Tröstliche Erkenntnis: Das tut gar nicht mal sonderlich weh.







„Sag mal, hättest du nicht Lust, mit Wiki nochmal ein Seminar zu geben?“, will ich von Nadin wissen, als wir meine verkorksten Trainingseinheiten Revue passieren lassen. „Vielleicht unter dem Titel Was tun, wenn Krausetipps ums Verrecken nicht fruchten? Ich würde einen Tag lang aus dem Nähkästchen plaudern und du müsstest nur ab und zu rot werden.“
„Klar“, lacht sie. „Das ist ein wunderbares Thema.“
„Wieso das denn?“
„Weil man an so einem Tag wirklich spannende Fragestellungen behandeln kann. Warum wird automatisch erwartet, dass nach einem Training die Macken des Hundes verschwinden? Ist es wirklich so dramatisch, wenn sich beim Hund wenig tut und dafür beim Menschen viel? Wir könnten aufzeigen, was innerhalb eines Beratungsprozesses passiert, wie sich Ziele verändern, Methoden dem Team anpassen und was der Begriff Umbewertung mit Problemlösung zu tun hat.“
„Bei mir hat sich viel getan?“, frage ich stirnrunzelnd.
„Aber ja“, sagt sie. „Du bist ein ganz anderer als zu Anfang.“
„Quatsch! Ich bin immer noch derselbe Körperklaus wie vorher. Ich habe nur keine Angst mehr vor Wiki. Es blutet ja kaum.“
„Siehste.“
„Ich habe noch zehn Alukatzen übrig. Willst du die haben oder soll ich sie noch wegtrainieren?“
„Vergiss die Alukatzen! Nimm ihn wie er ist und mach’ das Beste draus!“


Abschlusszeugnis von Nadin. 


Ich beobachte meine zwei Hunde im Garten. Wiki werkelt an einem neuen Loch und schnorchelt erbost vor sich hin. Was sich in seiner Knutschbärenbirne abspielt, weiß nicht mal er selber. Aber eine wird ihn immer verstehen: Luna. Die alte Freundin liegt in respektvollem Abstand unter einem Baum und schaut ihm gelassen beim Buddeln zu.
„Läuft bei dir?“, fragt sie.
„MEIN LOCH!“, regt er sich auf.
„Klar, Mann, dein Loch.“
„Ich wollt’s nur gesagt haben“, schnaubt er.
„Sowieso.“
„Wie spät isses eigentlich?“
„Gleich sechs.“
„Dann gibt’s bald essen, oder?“
„Ja.“
„Muss ich Gas geben.“
„Buddel du mal in Ruhe zu Ende. Dann gehen wir rein.“



Eine wird ihn immer verstehen.





(Der Alukätzchenfighter Teil 3: Workout am Schälchen)
(Der Alukätzchenfighter Teil 2: Klare Ansage)
(Der Alukätzchenfighter Teil 1: Maulkorb Dackel fünf)





© Michael Frey Dodillet,  Der Alukätzchenfighter
Auszug aus Herrchentrubel, Heyne Verlag München, Mai 2016








1 Kommentar:

  1. Ui, ui , da kommt der JackRussell aber ganz deutlich hervor, so kenne ich sie. Viel Spaß beim Wegtrainieren...Ich schau hier immer mal wieder rein , und tröste mich, dass es noch ganz andere Kaliber gibt als meinen Sammy...denn so beutebesitzergreifend ist er nicht, dafür jagt er gerne Pferden hinterher, hin und wieder gibt es Scheinattacken auf Kühe.

    Einen frohen vierten Advent, ich hoffe die Tetanusimpfung ist aufgefrischt und die Wunde verheilt.
    LG Sisah

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