Mistbienenkorrektur nach Pietrella, Selbstversuch. Ich belohne die guten Hundebegegnungen und ignoriere die schlechten. Saubere Bilanz nach 8 Wochen:
Keine guten Hundebegegnungen mehr! Null, zero, nada. Das nenne ich mal ein glasklares Resultat.
Bis auf Strom-, Sprüh- und Stachelhalsbänder habe ich alles ausprobiert, um den Vogel ruhig zu kriegen. Erreicht habe ich wenig. Wenn ihr ein anderer Hund zu nahe kommt, Frontalbegegnung auf dem Waldweg genügt, macht sie Krawall. Das ist einerseits sehr schön, weil dieser Blog sonst Gähnmaus hieße und vermutlich ungeschrieben bliebe, andererseits macht es mich wahnsinnig!
Einem orangeroten Weidenzaun verdanke ich einen meiner nachhaltigsten Erziehungserfolge. Luna sieht zum ersten Mal Schafe. Luna stürmt auf sie los. Ich rufe Nein. Luna ignoriert das, steckt ihren widerspenstigen Rüssel in den Zaun und – britzel! Der Blitz Gottes. Nie wieder wilde Schafjagd. Leider hat das, was Luna so aufregt, in den seltensten Fällen orangeroten Weidenzaun um sich herum.
Der Hoffnungsschimmer. Erkenntnis gegen Ende November 2008: Die direkte, energische Einflussnahme im Krawallmoment reizt meine Hündin noch mehr. Scharfe Abbruchkommandos wirken kontraproduktiv – wie Lunte anzünden. Versuchen wir also aus dieser erzieherischen Schieflage mit positiver Bestärkung herauszukommen: mit Clickern.
Ein Clicker ähnelt dem Knackfrosch, den man zu Karneval einsetzt. Er erzeugt ein trockenes, metallisches Knacken. Der Wuff wird auf dieses Knacken konditioniert. Wenn es knackt, gibt es Wurst. Knack. Wurst. Konditionieren ist in der Regel simpel. Nach zehnmal Knack-Wurst müsste die Verknüpfung sitzen. Pawlow lässt grüßen.
Hunde können mit Hilfe des Clickers viele Kommandos selbst erlernen. Beispielsweise sagt man nicht „Platz“, sondern wartet geduldig, bis der Hund sich von selbst legt. Knack. Wurst. Jetzt weiß er, dass er etwas gut gemacht hat, und wird es wieder tun. Knack. Wurst. Nach und nach wird diese Aktion mit dem Hörzeichen „Platz“ verknüpft. Schließlich lässt man den Clicker weg. Der Hund hat sich quasi das Kommando selbst erarbeitet. Das wirkt tiefer und sitzt besser, sagt Clicker-Papst Pietrella.
Dessen Buch habe ich mir sofort besorgt. Blätter, blätter, such, schnüff, Seite 117, na bitte, ahnte ich es doch, auch Aggressionen an der Leine können weggeclickert werden:
„Dann nähern Sie sich allmählich anderen Hunden mit normalem Sozialverhalten... Stets ein wenig vor der kürzesten Entfernung beim Vorbeigehen clicken Sie, sofern Ferro sich anständig benimmt. Wenn Ferro aber den anderen Hund bedroht, bleiben Sie stehen und tun absolut nichts. Solange er aggressiv ist, lernt er sowieso nicht. Passivität. Ignorieren ist das Mittel der Wahl... Schaut Ferro sich schließlich zu Ihnen um, clicken und belohnen. Hier wird das operante Prinzip nochmals ganz deutlich. Nicht der Hund wird belohnt, sondern sein Verhalten bestärkt!“
Haargenau so machen wir es dann. Anständiges Verhalten wird bestärkt. Knack. Wurst. Rumprollen, Anpöbeln und Aus-der-Haut-Fahren wird ignoriert. Konsequent acht Wochen lang.
Dumm gelaufen. Ende Januar breche ich den Versuch ab. Die guten Momente werden nämlich von Tag zu Tag weniger. Nach acht Wochen habe ich keine einzige friedlich verlaufende Hundebegegnung mehr. An der Wurst kann es nicht liegen. Die ist vom Spitzenmetzger aus Gruiten und hat Suchtpotenzial. In entspannteren Situationen reißt der Hund mir beim Füttern schier die Finger ab. Nein, der Reiz des Ausrastens ist größer als die Lust auf Wurst, schlimmer noch, das Biest interpretiert mein Ignorieren und Schwei-gen als Zustimmung. „Wie jetzt? Ich fixiere den anderen und der Alte sagt nix? Prima, dann hol ich jetzt mal richtig die Keule raus!“ Rabauz!
Mittlerweile gebe ich meiner Krawallmaus wieder deutlich zu verstehen, was unerwünschtes Verhalten ist und was nicht. Die Begegnungen, wo sie die Schnauze hält, werden wieder mehr. Erziehung durch Meideverhalten – in Positiv-Bestärker-Kreisen wirst du dafür gesteinigt. Nachdem dich die Hardliner-Fraktion zur Strafe fürs Clickern an den Füßen aufgehängt hat. Ihr könnt mich alle mal. Ja, ich habe geclickert. Aber ich habe nicht inhaliert.
Was gibt es sonst noch vom Experiment zu berichten? Nun, im gutbürgerlichen Viertel wird getuschelt. Wer morgens um halb elf in abgebrezeltem Outfit mit dem Hund spazieren geht, den „muss es jetzt auch erwischt haben, arbeitslos, der arme Mann, guck mal, Hilde, das deprimiert den so, dass er nicht mal mehr seinen Hund in Schranken weist."
Schnüff.
Knack.
Wech.
© Michael Frey Dodillet | Die Krawallmaustagebücher 2009
ich hatte diese anwandlung auch mal...positive bestärkung muss es doch bringen...das wird meine prollkugel in richtige bahnen lenken!...das ergebnis war das selbe wie deins =)
AntwortenLöschenvermutlich kann man bestimmte leinenaggressive verhaltensweisen auch wirklich wegclickern...ich denke es spielt dabei eine wichtige rolle aus welchem grund der hund so abdreht...von wegen ängstlich-hysterisch-unsicher oder großmäulig-haudrauf-pöbler...weitere ausführungen lass ich jetzt mal, sind eh nur vermutungen und locken immer wieder diskussionsbedarf bestimmter verfechter auf den plan, darauf hab ich auch keine lust mehr =) ich fahr die selbe schiene wie du und fahre ziemlich gut damit. und wenn mans mal in kreisen von wildhunden und wölfen betrachtet, da reißt sich auch keiner im rudel den arsch auf um richtiges verhalten positiv zu bestärken...wenn sich einer nicht angemessen verhält und einem zum beispiel auf die pelle rückt, wird er entweden eiskalt ignoriert oder wenn er es nicht schnallt mal kurz aber deutlich zurechtgestutzt. fertig. und das in hündisch versteht meiner meinung nach ein hund wie meine prollkugel am besten. grüßle vom anderen ende der leine