Freitag, 14. November 2008

Paradiesische Zustände.



Luna döst, den Kopf auf den Pfoten. Links neben ihr eine fremde Hündin, rechts ein Kätzchen. Gegenüber mümmeln Häschen und Meerschwein. Ein Bild des Friedens.

Wir befinden uns beim Tierarzt. Sämtliche Feinde meiner Hündin sind auf 20 Quadratmetern im Wartezimmer versammelt. Und es geht gut! Meine Zicke mault kein bisschen.

Ich bin überzeugt, das liegt an dieser olfaktorischen Depri-Stimmung, die in einer Tierarztpraxis durch die Räume wabert. Wir Menschen können es nicht riechen. Es riecht nach Angst. Die Räume sind voller Gerüche von Tieren, die Angst gehabt haben. Das wirkt sich zähmend auf alle Kandidaten aus, selbst auf die, die gerne über die Stränge zu schlagen pflegen. Keiner zuckt, keiner muckt, Paradies. 

Gut, ich gebe es zu. So manches Mal habe ich mir schon gewünscht, diesen Duft gäbe es zu kaufen. Einfach rein zu Douglas und „Guten Tag, ich hätte gern Eau de Peur von Veterinaire, ja genau, die 100 Milliliter im Zerstäuber“. Draußen im Wald nicht lange gefackelt. Lieblingsfeindin kommt, Lieblingsluna muckt, pffft, beide friedlich.

Neulich treffe ich einen Herrn, der unter zwei schwerst pubertierenden Bearded Collie Rüden leidet. Er erzählt mir von dem Wochenende, als das Hildener Tierheim einen Tag der offenen Tür veranstaltet. Er ist ohne seine Hunde dort, kommt nach Hause und riecht offensichtlich dermaßen bedrohlich nach Tierheim, dass die aufmüpfigen Rabauken auf der Stelle zu Schmusebacken werden. Wer motzt, kommt ins Heim? Man kann nie wissen.

Eigentlich ist es nicht komisch. Eigentlich glaube ich ja, dass es beim Tierarzt nicht nach Angst, sondern nach Tod riecht, dass die Gerüche des Einschläferns nie aus den Räumen verschwinden. Das macht den Lebenden Angst.

Ich bin immer froh, wenn wir wieder raus sind.




© Michael Frey Dodillet | Die Krawallmaustagebücher 2008

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