Räusper. Heiligenscheinzurechtrück. Aus gegebenem Anlass möchte mich bei allen entschuldigen, denen ich in diesem Jahr Leid zugefügt habe:
bei meinem Freund Gobi, weil ich ihn wegen eines Pferdeapfels gehauen habe, obwohl er den doch gar nicht haben wollte,
bei meinen Freunden Buddy und Luca, weil ich mich mit beiden so lange im Acker gewälzt habe, bis jede Faser ihres schmucken Kreuzgeschirrs-mit-Reflexmittelstreifen vor Dreck starrte,
bei meinem Freund Kobold, weil ich wegen eines Mauselochs, das eigentlich seines war, über ihn hergefallen bin und ihm das Bäckchen langgezogen habe, so dass er hinterher nicht mehr schneeweiß und plüschig aussah, sondern schlammbraun und struppig,
bei dem Afghanenrudel unten im Neandertal, weil ich in einem Moment der Schwäche „Verpisst euch bloß, ihr langhaarigen Schwuchteln“ zu ihnen gesagt habe,
bei meinem Herrchen, weil ich neulich Kaninchen gejagt habe, obwohl er laut und deutlich „Nein“ gesagt hat und ich vorgab, mal wieder „Fein“ verstanden zu haben,
bei dem hellbraunen Kaninchen,
bei dem mittelbraunen Kaninchen,
bei dem dunkelbraunen Kaninchen,
nochmal bei meinem Freund Gobi, weil ich ihn immer so anzicke, wenn ich gegen Haron beim Tauziehen verliere, aber Haron kann ich ja nicht anzicken, weil er der Chef ist, also muss Gobi dran glauben,
bei den sieben wilden Katzen in unserer Nachbarschaft, weil ich mitten beim Essen in sie reingejumpt bin,
bei der achten, weil ich ihre „Hasenhäppchen in feinem Gelee“ umgeworfen habe,
bei dem Marder unter unserem Dach, weil ich ihm das Ei aus dem Kompost weggefressen habe, obwohl ich genau wusste, dass er es dort für schwere Zeiten deponiert hatte,
bei Berta und Wanda und Maggie und Jasmin und Isabel und Brigitte, die keinen Bock mehr auf Hundekurs mit mir haben, weil ich einmal pro Schulhalbjahr worra-worra-worra mache,
bei der jungen, unbekannten Wissch... Wisz... Viz… Vizlzl... ungarischen Jagdhündin, die ich kurz über die Pferdewiese scheuchte, aber hey, es war nur Spaß, ich habe mich abrufen lassen,
bei den Eichhörnchen im Garten, weil ich ihnen immer die Walnüsse aus dem Winterlager klaue, knacke und aufesse,
bei dem hinter uns parkenden Audi A6, weil dessen Alarmanlage losging, als ich in unserem Bulli ausrastete, nachdem eine Labrador-Hündin ihre dämliche Nase an mein Fenster drückte,
bei dem Liter Aceto Balsamico di Modena Bianco Riserva, weil ich ihn umgebracht habe, als ich die kalte Nudel-pfanne vertilgen wollte, die hinten auf der Herdplatte stand,
bei meinem allerliebsten Frauchen, weil sie die ganze Essigsauerei von den Fliesen putzen musste,
bei den Schnuffelnasen der drei Kinder, weil die Küche so scharf nach Essig roch,
bei der Mülltonne im Düsseltal, die ich im Vorbeilaufen angebellt habe, weil ich im Dunkeln dachte, sie wäre der böse Watz,
nochmal bei meinem Frauchen, weil ich mit ungeputzten Pfoten durch die frisch gewischte Küche gelatscht bin,
nochmal bei meinem Herrchen, weil ich ihm mit denselben Pfoten auf den Schlips getreten bin,
bei unserem roten VW Bulli, weil ich ihm heimlich ans linke Hinterrad gepinkelt habe,
bei Maxens iPod, weil ich ihn zerkaut habe,
bei Harry Potter, weil ich ihn zerkaut habe,
bei Maries Eisbär, weil ich ihn zerkaut habe,
bei dem knuffigen Flöhchen, weil ich es immer anraunze, obwohl es so schüchtern ist, dass es sich schon auf den Rücken legt, wenn es mich von weitem kommen sieht,
bei unserem Rollrasen, weil ich ihn umgebuddelt habe, als er gerade frisch verlegt war,
bei unserem Maulwurf, weil ich ihn einen blöden Blindfisch genannt habe, als er sich geweigert hat, mit mir den Rollrasen umzubuddeln, als er gerade frisch verlegt war,
bei meiner Tierärztin, weil ich meinen Chip verschlampt habe,
bei den Wurzelzwergen auf dem Fensterbrett, weil ich einem von ihnen das Mützchen abgebissen habe,
bei unserer Omi, weil ich sie vor lauter Begeisterung über den Haufen gerannt habe,
bei unseren beiden Draußenhäschen, weil die immer so zusammenzucken, wenn ich explosionsartig von der Küche in den Garten platze, aber es könnten sich ja Banden von gedungenen Mördern hinter dem Geräteschuppen verstecken und da muss doch einer was tun,
bei unserem Gudrun-Sjöden-Teppich, weil ich draufgekotzt habe, noch bevor er ganz ausgepackt war,
bei der knallroten Bettwäsche, weil ich einen triangelförmigen Riss reinbiss, als der Torero damit wedelte,
bei unseren beiden Schafen Lieschen und Paula, weil ich im Winter immer heimlich von ihren Pellets im Trog nasche und eigentlich gar nicht weiß, was mich da reitet, weil … das Zeug schmeckt überhaupt nicht,
beim letztjährigen Weihnachtsbuffet, weil es ein bisschen welk geworden war, weil keiner mehr großen Hunger hatte, weil alle sich Sorgen um mich machten, weil ich mich standheiß und hochläufig unter dem Zaun durchgrub und eineinhalb Stunden Jungs jagte,
beim Girokonto meiner Familie, weil es durch die anschließende Hat-sie-oder-hat-sie-nicht-Ultraschall-Untersuchung um 85 Euro leichter wurde,
bei allen Jungs, die ich an diesem denkwürdigen Tag nicht getroffen habe,
bei allen besabberten Stofftieren des Hauses, weil ich sie 60 Tage später in mein Körbchen geschleppt habe, um sie mal ordentlich zu betüdeln,
bei allen, die ich gerade vergesse, weil es … schnuff … unterm Weihnachtsbaum … schnuff schnuff … irgendwie nach Leberwurst riecht.
Fehlt noch der ganz liebe Gruß an Lorbas und Ador. Ihr wart tolle Kumpels, auch wenn ihr schon klapprig wart, Ihr alten Haudegen. Und falls Ihr bei euch da oben Benny trefft, dann drückt ihn ganz fest von mir. Hier unten hat er seinen Wettlauf gegen den Regionalexpress verloren, aber auf eurer Wolke 7 wird er jedes Rennen gewinnen, egal gegen wen er antritt. Macht‘s gut, ihr Lieben.
Frohe Weihnachten euch allen,
wo immer ihr auch seid.
Eure Luna
Pfotennote: Wenn ich diese 41 Punkte so ansehe, scheint 2008 wohl das Jahr des Ungestüms gewesen zu sein. Aber nächstes Jahr wird alles besser. Nächstes Jahr werde ich gestüm. Öhm, kann es sein, dass ich mich gerade viel zu weit aus dem Fenster lehne? Auch wurscht. Ist doch Parterre.
© Michael Frey Dodillet | Die Krawallmaustagebücher 2008
1 Kommentar gerettet
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Hallo liebes Krawallmaus-Herrchen und liebe Krawallmaus-Familie,
ich frage mich, mit welchem Hund Ihr eigentlich immer zu uns zu Besuch kommt?! Wohlerzogen, lieb, schmusig, entspannt auf ihrer Decke liegend, hört aufs Wort, kann kein Wässerchen trüben., nascht nicht am Weihnachtsgebäck, ignoriert das Brunchbuffet... habt Ihr vielleicht in Wirklichkeit zwei Exemplare, eines für zu Hause, eines für auswärts?
LG IK
Montag, 29. Dezember 2008 - 10:52