Donnerstag, 15. Oktober 2015

Verweste Möwen in Dielenritzen.







Wenn man eine Woche lang den Strand bei Julianadorp auf und ab rennt, sich täglich unbeaufsichtigt „Gemischte Krebs-Muschel-Platte an verwester Möwe auf salzigem Kaninchenköttelbett“ reinpfeift und danach kein einziges Mal kotzt – dann ist man eine ganz harte Sau.

Dachte ich jedenfalls. In Wirklichkeit spart sich Wikis widerspenstiger Magen die ganze Herrlichkeit für den Moment auf, an dem wir wieder zu Hause sind. Nicht einmal von vier Stunden samstäglicher Autofahrt lässt er sich aus dem Konzept bringen.


Samstagnacht um zwei wird die Gemeinde von einem fulminanten Wuup-Wuhuup-Woooaaaarrrrrggghhhh geweckt. Der Dude kotzt zwei mächtige Batzen Trockenfutter ins Schlafzimmer und zieht sich diskret in den Flur zurück. Das ist sehr, sehr ungewöhnlich! Normalerweise bewacht er Selbsterbrochenes mit allen zur Verfügung stehenden Waffen. Es hätte mir auffallen müssen.


Tut es aber nicht. Ich bin viel zu müde. Nachts um zwei auf den Knien herum rutschen und Kotze wegwischen gehört nicht zu den Leidenschaften eines Hundehalters, so ambitioniert er auch sein mag. Während ich angewidert den Lappen auswringe, höre ich im Flur ein Geräusch, das noch viel furchtbarer klingt als Wuup-Wuhuup-Woooaaaarrrrrggghhhh. 

Pfrrrzzz - Pffffbbblllbbbsch – Flaaaaaaatttttschhhh!!!!

Der Erbrecher dünnpfifft zweimal in den Flur. Die Konsistenz der Suppe ist tadellos. Sie passt in jede Ritze des Dielenbodens. Ich reiße Fenster und Türen auf, um die frische Luft hinein- und den miefenden Hund hinauszulassen. Wiki saust in den Garten, flaaatscht dort weiter, hopst anschließend erleichtert über den Zaun und bleibt in einer Brombeerhecke stecken.


Es ist mittlerweile halb drei. Während ich Diarrhö aus den Ritzen kratze, steht meine Frau mit einer Klappleiter im Garten, und versucht den Hund aus den Beeren zu schneiden. Bei dieser günstigen Gelegenheit fliegt eine Hornisse ins hell erleuchtete Haus. Ich verfolge sie bis ins Schlafzimmer. Dort verkriecht sie sich unter dem Bett. 

Luna, die endlich auch wach geworden ist, will das Insekt umbringen. Mit den Zähnen! Da ich keine Lust auf eine angeschwollene Hundekehle mit drohendem Erstickungstod habe, ziehe ich die Dame am Schwanz unter dem Bett hervor. Mittlerweile ist ein geläuterter, von allen Mageninhalten und Brombeerdornen befreiter Wiki wieder da. Er möchte mittöten. Wir lassen die Hornisse, wo sie ist, schnappen Bettzeug, Hündin und Hund und verteilen uns auf die freien Sofas im Haus. 

Während des gesamten Hornissen-Brombeer-Dünnpfiff-Kotze-Aufruhrs steht Aiko, ein zentnerschwerer Hovawartrüde, in unserer Küche und schaut dem Treiben fassungslos zu. Es ist seine erste Nacht! Er ist heute nachmittag eingezogen und bleibt für eine Woche, bis seine Leute aus dem Urlaub zurück sind. Dem ungläubigen Blinzeln nach zu urteilen denkt er wahrscheinlich, er sei in einem ganz, ganz schlechten Film.


❧


Ist sonst noch was? Ach ja, Luna ist vom Herrenbesuch so begeistert, dass sie zwei Tage später spontan läufig wird. Die Dame tagt und nächtigt separat, die Herren klappern mit den Zähnen. Wenn sie nicht klappern, drohen sie sich Schläge an. Wiki rastet alle halbe Stunde gepflegt aus: „Mein Haus! Mein Grashalm! Meine Hündin! Mein Hündinnenpfleger!“ Der teflonbeschichtete Aiko lässt den Kleinen abperlen. Noch! Ich warte auf den Moment, wo ihm der Geduldsfaden reißt und Wiki unter die Räder kommt. 

Wie ich entnervt Standhitze google, stoße ich auf Senso2domes Sauerstoffzelt für zu Hause. Der Hersteller ist begeistert. „Das Senso2domes System von der FIT Foundation ist eine Weiterentwicklung der traditionellen Sauerstoff-Bars“, schreibt er. „Während man die mit Sauerstoff und feinen ätherischen Ölen angereicherte Luft einatmet, wird man auf eine fantastische Reise geschickt, welche die Sinne auf angenehme Weise aktiviert.“ Ich will das haben!

Fragt mich dieser Tage jemand nach den Freuden der Hundehaltung, empfehle ich spontan mongolische Rennmäuse. Die machen wenig Schmutz, haben nur einen Partner, und es gibt sie in 100 Farben.





So ein neuer Buchtitel hat's auch nicht leicht,
bis er mal gefunden ist.



© Michael Frey Dodillet | Die Krawallmaustagebücher 2015


2 Kommentare:

  1. herrlich erfrischend und so manches nur allzu bekannt :-)

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  2. Wir haben Giardingsden im Duett, sehr modern heutzutage, und haben unseren Putzeimer grad auch ganz doll lieb!

    Auf das Buch freue ich mich: Was hältst Du von 'Herrchen-wahn' oder 'Herrchen-und so' ...

    ... nur mal so!

    Liebe Grüße
    Severine

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