Das Propfen dauert insgesamt 14 Tage. So lange bereist Aikos Familie Kanada. Aiko ist ein Hovawart. Die erste Woche ist um. Der Mensch hat viel gelernt.
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Zum Beispiel, dass ein 50 Kilo schwerer Rüde und eine 40 Kilo schwere Hündin am besten nicht zusammen in der Küche übernachten. Es geht nicht zum Sex, sondern um Gesellschaftsspiele. Die beiden Mistviecher toben kurz nach Mitternacht wie die Wahnsinnigen um den Küchen-tisch und spielen Reise nach Jerusalem. Als ich wie ein Gewitter im Türrahmen stehe, werde ich freundlichst angewedelt. Zwei Paar große Hundeaugen erwarten, dass jetzt die Terrassentür aufgeht, damit man im Grünen weitertoben kann. Von wegen! Ich weise den Herrn in Schranken und packe das Weib in ein anderes Zimmer. Ab sofort nächtigt das Paar separat!
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Aus organisatorischen Gründen trifft Aikos Futter mit der Post ein. 24 Schlemmertöpfe von Grau mit einem Gesamtgewicht von 21 Kilo! Mir wurde letzte Woche zwar mitgeteilt, dass diese Sendung auf den Hof rollen wird, leider habe ich es gleich darauf wieder vergessen. Als der DHL-Sprinter vor dem Haus hält, freue ich mich. Ich warte seit Tagen auf fünf T-Shirts von Eddy Bauer. Der Bote drückte mir einen tonnen-schweren Karton in die Hand. Meine Güte, denke ich, was haben die bloß zu den T-Shirts gepackt. Nix Shirts. Wild & Nudeln!
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Da Luna zu Gewalttätigkeiten bei der Ressourcenverteidigung neigt, futtern die Herrschaften getrennt. Das klappt gut. Jeder speist in seiner eigenen Küchenecke. Sobald die Näpfe leer sind, rennt jeder zur Schüssel des anderen, guckt, was es gab, und schleckt sie blitzblank. Das ist vom ersten Tag an ein Ritual.
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Wenn die beiden ihre seltsamen fünf Minuten kriegen, brettern sie rund um das Gartenhäuschen. Danach legen sie sich ächzend wieder in den Schatten. Wertvolle Erkenntnis: Wer einen Zweithund ins Haus holt, damit sich der Ersthund nicht mehr langweilt, erreicht damit nur, dass sich fortan nicht mehr nur ein Hund im Garten langweilt, sondern zwei.
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Spazierengehen will gelernt sein. Anfangs wedele ich noch mit den Armen wie eine holländische Windmühle, wenn Aiko nach links und Luna nach rechts zieht und sie sich in der Mitte kreuzen. Es dauert eine Weile, bis ich die beiden Dickschädel auf Kurs habe. Zudem werde ich auf den ersten Touren ständig ausgebremst, weil man der Meinung ist, jeder zweite Grashalm müsse angebrunzt werden. Aiko (Rüde, logisch) fängt damit an und Luna (Testosteronweib) lässt sich nicht lumpen. Seit Wildpinkeln verboten ist, kommen wir in zufriedenstellendem Tempo vorwärts.
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Seit man festgestellt hat, dass Aikos Kopf wunderbar plüschig ist, hat er seinen Spitznamen weg: das Küken. Mein Einwand, 100 Pfund schwere Küken gebe es gar nicht, wird ignoriert.
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Wir liegen alle in der Sonne auf dem Rasen und bereiten uns mental auf das erste Deutschlandspiel vor. Leider hat Luna unsere Vuvuzela angefressen. Da wird das Tuten schwierig.
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Trotzdem 4:0!
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Manchmal zicken die zwei sich an, als wären sie schon dreißig Jahre verheiratet. Zum Beispiel, wenn sie in den Kofferraum vom Renault hopsen sollen, um 1 km weit ins Neandertal zu fahren. Luna mault: „Mach dich nicht so fett, Dicker!" Aiko rempelt sie dann extra noch mal
an. Danach sind beide 2 Minuten miteinander beleidigt und jeder guckt – pöh! – aus einem anderen Fenster.
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Ein Missverständnis! Luna regt sich tierisch wegen Mandy auf, die hinter ihrem Zaun möppert. Aiko denkt, Luna motze ihn an, und motzt zurück. Die Herrschaften sind auf dem besten Weg, sich in die Haare zu geraten. Ich donnere dazwischen und halte die beiden Leinen mit weit, weit, weit ausgestreckten Armen auseinander. Das ist wie Butterfly im Fitness-Studio, nur ohne Monatsgebühr.
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So langsam bekomme ich einen Eindruck, was „Hov warten" bedeutet.
Aiko gibt uns lautstark Bescheid, wenn sich vor dem Haus, im Garten, im Viertel, in Düsseldorf, ach was, in ganz NRW etwas regt. Ich gehe dann raus, lobe ihn fürs Aufpassen und schon ist Ruhe. Bemerkenswert ist aber etwas ganz anderes. Der Rüde hat innerhalb eines Tages völlig unspektakulär, aber nachhaltig die Aufpasserrolle übernommen. Luna war zwar noch nie ein wilder Vogel hinterm Zaun, aber angeschlagen hat sie immer. Seit Aiko im Haus ist, lässt sie das sein. In einem von mir unbemerkten Moment hat er Luna zu verstehen gegeben: „Bleib du liegen, ich mach das.“ Seither denkt sie bei jedem, der auf den Hof fährt: „Ich bleib liegen, mach du das.“ Unmissverständliche Körper-haltung, vielleicht ein kurzer, warnender Blick, kein Zögern, wenn es darauf ankommt – mehr war von Rüdenseite nicht nötig. So effizient funktioniert Kommunikation unter Hunden. Menschen arbeiten zwei harte Jahre lang trainer- und fachbuchgestützt, um ihrer Töle das Postbotenkläffen abzugewöhnen, und schaffen es trotzdem nicht.
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Jedesmal, wenn ich den Kochlöffel schwinge, habe ich diesen neugierigen Hovawart-Rüssel in den Zutaten. Das hat‘s hier im Haus auch noch nie gegeben. Ein Hund, der ohne den Kopf zu heben, auf die Arbeitsplatte gucken kann. Mahlzeit!
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Wird fortgesetzt.
© Michael Frey Dodillet | Die Krawallmaustagebücher 2010
4 Kommentare
AntwortenLöschenNALAMERLIN
Willkommen im Leben eines Mehrhundehalters, zumindest für zwei Wochen.... :-D
Dienstag, 15. Juni 2010 - 15:15
AIKO
Hi Michael, wie war das??? Wolltest Du nicht diese Testphase mit einem Zweithund erleben.....sei sicher - auch Du wirst diesen Hovi vermissen / genau wie wir.....
So long und dankeeeeeeeeeeeeeee fuer diesen herrlichen Post / wir sind informiert!!
Aikos Rudel auf Reisen
Dienstag, 15. Juni 2010 - 19:35
SARI
Uiuiui, 90 Kg ist natürlich einiges... wenn ich bedenke, dass meine beiden (wenn Lia ausgewachsen ist) nichtmal ganz ein Drittel davon auf die Waage bringen :D
Dienstag, 22. Juni 2010 - 22:49
MENSCH
90 Kilo sind neun zuviel. Ich korrigiere das im nächsten Eintrag. Ich habe die zwei auf die Tierarztwaage gestellt. Aiko wiegt 40,6 Kilo, Luna 40,4 Kilo. Beim Dicken trägt das Fell auf.
Mittwoch, 23. Juni 2010 - 23:26