Eins für die Nullen.

So viel steht fest: Wenn der spanische Fußball das Maß aller Dinge ist, wie alle Experten zur Zeit behaupten, dann gucke ich die nächsten vier Jahre keinen Fußball mehr.


Übers Feld schiebt sich ein roter Querriegel vor und zurück. Im Riegel spielt man sich den Ball in Dreiecken zu. Um die 80. Minute erzeugt man einen Tumult vor dem gegnerischen Tor und tut einen rein. 

Mit irgendeinem Körperteil! Der Birne, dem Oberarm, dem Dödel, was gerade verfügbar ist. Ab und an auch mit dem Fuß. Dann allerdings aus Abseits-Position oder indem man zweimal den Pfosten anplinkert, weil man das leere Tor nicht trifft.


Anschließend schiebt man wieder den Riegel hin und her, bis der Schiri ein Einsehen hat und das Eins-Null-Elend abpfeift. Das praktiziert man dreimal hintereinander und steht im Finale.


Was wiederum die Heimatpresse veranlasst, ohne Schlusslektorat Halluzinationen in Druck zu geben. „Das war ein Meisterwerk!“ deliriert die Marca und die El País hat tatsächlich „phantasievolles Spiel und spanisches Temperament“ gesehen.


Den Vogel schießt die offensichtlich sehbehinderte Sportredaktion der El Mundo ab: „Spanien zieht die Welt in seinen Bann. Die Nationalelf hat wie noch nie zuvor gewonnen.“ Ein aufrechter Chefredakteur würde seinen Mannen spätestens jetzt die Griffel abnehmen. Bei El Mundo gibt‘s stattdessen Tabletten. Anders ist der folgende Satz nicht zu erklären: „Die spanischen Spieler sind klein, aber was sie für ihr Land geleistet haben, ist die große Metapher einer Utopie."


Es war jedenfalls einer dieser Abende, an dem ich wünschte, ich wäre mein Hund. 90 Minuten lang nur Augen für den Grill!

© Michael Frey Dodillet | Die Krawallmaustagebücher 2010