Auf unserem wilden, unbewohnten Nachbargrundstück mästen verbitterte Witwen unter der Schirmherrschaft des örtlichen Tierschutzvereins einen Haufen streunender Katzen.
Es gibt Unmengen von Kalbsterrine, Forelle in Gelee, Lachs in Joghurt und zum Runterspülen Whiskas-Milch. Wer es am Magen hat, bekommt auch schon mal frische Pute aufgebraten. Die genaue Bezeichnung lautet in etwa „Freie Futterstelle für nicht mehr sozialisierbare Katzen“. Das geht seit nunmehr zehn Jahren so.
• weil 14 streunende Katzen definitiv zuviel seien,
• weil sie in unserer Scheune, unserem Fahrradschuppen, unserem Holzschuppen, unserem Schafstall, unserer Remise und unserem Werkstattschuppen hausten,
• weil meine Frau eine Katzenallergie habe,
• weil meine Kinder nicht mehr angeschrien werden wollten, sie sollen gefälligst leise spielen, die Katzen könnten sonst nicht ungestört fressen,
• weil meine Leasingfahrzeuge bei Abgabe unter der UV-Lampe stünden und Katzenkratzer für 1.480 Euro überlackiert werden müssten,
• weil ich zwei mal pro Jahr vollgekackten Kindersandkastensand austauschen müsse,
• weil mich die Ratten auf dem Weg zur Katzenfutterstelle mittlerweile mit Vornamen grüßten,
• weil überall in der Gegend Plastikschälchen, Wasserkanister und sonstiger Müll rumsegelten,
• weil mein Hund nach Ausflügen in den eigenen Garten regelmäßig eine Überdosis proteinhaltiges Katzenfutter in die Wohnung kotze,
• weil Bauer Fürmanns Hofkatzen keine Hofmäuse mehr fingen, sondern jeden Abend um 18 Uhr rüber machten und sich rund futterten,
• weil ich nachts keine alten Gewitterhexen „Bienchen, Bienchen" rufend durch meinen Garten schleichen sehen wolle,
wurde im Laufe der Jahre in der Nachbarschaft publik gemacht,
• wir hielten jetzt extra einen Kampfhund (Luna war zu dem Zeitpunkt drei Monate alt),
• wir seien brandgefährliche Tierhasser, denen man nicht über den Weg trauen könne,
• wir stählen hochwertige Katzenfutterschälchen aus Terrakotta,
• wir hätten unerzogene, respektlose Kinder,
• wir attackierten wehrlose ältere Frauen verbal und körperlich,
• wir legten Rattengift-Leberwurstbrötchen aus, um Hunde zu töten.
Genau genommen waren es die Terrakotta-Schälchen, die das Fass zum Überlaufen brachten. Meine werte Gattin und ich wurden tatsächlich wegen Diebstahls angezeigt und hatten die Ehre, Montag morgens drei Stunden lang von einem verständlicherweise total übellaunigen Erkrather Kriminalkommissar vernommen zu werden. Getrennt, wie man es aus dem Krimi kennt! Mal schauen, ob sich die Eheleute in Widersprüche verwickeln.
Der Mann hatte keine Wahl. Da er verpflichtet war, jeder Anzeige nachzugehen, und war sie noch so fadenscheinig, musste er den ganzen Bürokratiestiefel von A bis Z durchziehen. So einen Hals hatte der!
Stell dir vor, du bist bei der Kripo. Es ist Sonntagabend. Du sitzt vor dem Fernseher und siehst deinen Tatort-Kollegen zu, wie sie im Moloch Berlin eine dramatische Serie von Prostituiertenmorden aufklären und danach einen Orden vom Polizeipräsidenten bekommen. Beiläufig fragt deine Frau: „Na Schatz, was liegt bei dir morgen so an?“ Und du kannst nur leise fauchen: „Ich habe den Terrakotta-Schälchen-Fall auf dem Tisch.“ Mein lieber Mann, da geht die Laune aber kilometertief in den Keller!
Wir konnten nachweisen, dass es sich bei dem hochwertigen Terrakotta-Schälchen um einen zerbrochenen Blumenuntersetzer handelte, dessen Scherben ich aus unserer Zufahrt entfernte. Die ebenfalls amtlicherseits gesuchten sechs Porzellannäpfe im Wert von 40 Euro haben nie existiert. Das waren handelsübliche Styroporschalen, in denen Edeka damals wie heute Gehacktes verkauft. Umgehend kamen meine Frau und ich auf freien Fuß.
Natürlich hatten wir die Schnauze gründlich voll. Wir zitierten sämtliche Damen des Tierschutzvereins aufs Grundstück, ein bisschen Presse dazu, die stellvertretende Bürgermeisterin, einen Vertreter der Grünen aus dem Gemeinderat. Die Lokaljournalistin hatte noch einen Fotografen bestellt, der 25 Minuten zu spät in einem violetten 280 SL Cabrio, Baujahr 1980, vorfuhr. Ein denkwürdiges Meeting. Danach war Ruhe. Es werden heute wieder – wie vor der Entgleisung – vier bis fünf Katzen versorgt, was für uns in Ordnung ist. Die Damen sind nicht nennenswert umgänglicher geworden.
Erlebe eigentlich nur ich Tierschutz als Tummelplatz von alten, vom Leben enttäuschten Frauen? Krähen, die allen die Augen aushacken, die nicht auf ihre Linie einschwenken? Mit einer Verbissenheit, Boshaftigkeit und rücksichtslosen Ignoranz wird tiergeschützt, dass die Schwarte kracht.
Für Kinder kein einziges gutes Wort, für Mitmenschen Gehässigkeiten, Beleidigungen und Verleumdungen. Aber „Bienchen, Bienchen", sobald etwas mit vier Beinen daherkommt.
© Michael Frey Dodillet | Die Krawallmaustagebücher 2010
2 Kommentare
AntwortenLöschenDIVA
Mit dem Tierschutz, ist das manchmal so eine Sache.......
Es gibt leider viel zu viele die es wirklich übertreiben!
L.G. Diva
Donnerstag, 25. Februar 2010 - 08:45
EVA
Ich schmeiss mich weg, du sprichst mir ja sowas von aus der Seele.
Herzlichen Dank.
Freitag, 9. April 2010 - 14:10
Michael, wir gehen mal ein Bierchen trinken, wenn Du nach Michelstadt kommst :-)
LöschenIch trinke Pils. Aus einem Terrakottaschälchen.
Löschen:o)
Ich habe selbst mal in einem Tierschutzverein gearbeitet...und ja es gibt dort wirklich (leider auch noch in sehr verantwortungsvollen Positionen) diese völlig von der Realität entfremdetet Tierschützerinnen (leider sind mir wirklich auch in diesen Fällen nur alte weibliche Wesen untergekommen) die einen "Tierschutz" betreiben der sich jenseits jeder Grenze von sozial kompetentem, fachlich kompetentem und tierschützerischen Grenzen bewegt. Ein Grund warum ich jetzt nicht mehr dort arbeite... Das konnten nicht mal die vielen jungen (männlichen und weiblichen) motivierten Mitarbeiter rausreißen... =)
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